Gläubige pilgerten nach Hausen

Wallfahrer erfüllten Gelübde und dankten den Pestheiligen Sebastian und Rochus
   

Am Sonntag, den 22.08.2021, haben sich eifrige Gläubige vor der Pfarrkirche versammelt, um das alljährliche Gelübde – den Bittgang nach Hausen – gemeinsam zu erfüllen.

Um viertel nach fünf Uhr morgens haben sich 35 Personen auf den Weg gemacht, um betend und singend das nahezu 400 Jahre alte Versprechen einzuhalten. Über Paring und Mitterschneidhart hinweg hat leichter Regen die Wallfahrer im Morgengrauen begleitet. Trotz widriger Wetterverhältnisse freuen sich die Gläubigen, auch dieses Jahr daran teilgenommen zu haben, denn der Bittgang stärke das religiöse Bewusstsein und steigere die Zusammengehörigkeit innerhalb der Pfarrgemeinde. Neben einer kurzen Gesprächspause lädt der zwölf Kilometer lange Weg hauptsächlich zum Nachdenken über eigenes Handeln und über die persönliche Beziehung mit Gott ein.

   

Die Wallfahrer auf dem Weg nach Hausen.

   

Dieses Thema griff auch der Schierlinger Pfarrer Josef Helm im abschließenden Gottesdienst in Hausen auf, denn sowohl die Predigt als auch das restliche Leben wird von den Fragen „Was habe ich davon? Worin liegt mein persönlicher Nutzen?“ begleitet. Bereits im Evangelium zeigt sich die Überlegung der Mitmenschen, den rechten Weg zu verlassen, doch Gott und Jesus handeln stets gütig und liebend. Egoistisches Handeln spielt faktisch keine Rolle. Die Lehre soll also sein, Jesu gleich zu tun und nicht das alltägliche Leben nach persönlichen Vorteilen auszurichten. Dem Gottesdienst haben weitere Besucher beigewohnt, welche privat angereist sind. Für die musikalische Untermalung hat Herr Albert Ertl gesorgt, außerdem hat der Markt Schierling wieder aus Dankbarkeit eine Kerze gespendet.

Wir können derzeit bloß ansatzweise nachempfinden, was unsere Vorfahren damals, zu Zeiten der Pest, erlebt haben, doch unsere Erfahrungen in Bezug auf die aktuelle Pandemie geben uns zu verstehen, weshalb die Tradition, den zweieinhalbstündigen Weg bis nach Hausen zu pilgern, immer bewahrt wird. Der historische Kontext reicht fast 400 Jahre in die Vergangenheit zurück, als ab 7. August 1627 die Pestseuche in Schierling gewütet hat. Ganze 19 Wochen lang ist das Leben der Bevölkerung drastisch eingeschränkt gewesen. Viele haben ihr Leben gelassen. Von Not und Verzweiflung geprägt, hat sich die Gemeinde Schierling an die Pestheiligen Sebastian und Rochus gewandt und versprochen, für ewige Zeiten in die etwa zwölf Kilometer entfernte Gemeinde Hausen zu pilgern.

   

   

Der Dreißigjährige Krieg, welcher zeitgleich ausgetragen worden ist, hat zu einer allgemeinen Teuerung und Preissteigerung geführt. Doch auch widrige Umwelteinflüsse, wie der drastische Spätfrost des Jahres 1626, welcher die Roggenernte vernichtet hat, erschwerten das Leben, sodass die Bevölkerung Getreide aus dem Umland importiert hat.  Der Preis für ein „Landshuter Schaff“ Weizen – das entspricht umgerechnet 600 Liter – ist drastisch von 16 Gulden auf das dreifache angestiegen. Als dann die Pest in Schierling Einzug gefunden hat, ist sie laut Chronik derartig definiert worden: „Es kam also, dass der Mensch eine Drüse gewann, daran starb er am dritten Tage.“ Schierling ist als „Bannisation“ bezeichnet worden, was zur Folge hatte, dass aufgrund der tödlichen Krankheit jeglicher Verkehr verboten worden ist und bei Missachtung dieser Regeln sogar Geldstrafen eingefordert worden sind.

Die Erkrankten haben sich Trost und Heilung von den Pestheiligen Sebastian und Rochus versprochen, nachdem die Maßnahmen der sogenannten „Beulenschneider“ nur wenig Hilfe geleistet haben. Daran erinnert neben dem alljährlichen Bittgang auch die Inschrift der Pestsäule beim Kirchenaufgang. Deren Worte lauten: „Die Martersäule hat machen lassen, Brottmaier, Wirt und Gastgeber zu Schierling“.

Zudem spendet der Markt Schierling jährlich eine Kerze als Zeichen der Dankbarkeit. Im Jahre 1709 hat die siebeneinhalb Pfund schwere Kerze aus Bienenwachs ganze fünf Gulden und 15 Kreuzer gekostet. Gelder, welche von der Bevölkerung „als Opfer eingehoben“ worden sind. Weitere vier Gulden und fünf Kreuzer kosteten der Schulmeister, der Kaplan, die Sänger, die Fahnen- und Kreuzträger und der Mesner von Hausen. Diese Ausgaben sind aber der Gemeindekasse entsprungen, so Rektor Georg Rötzer bei seinen heimatkundlichen Studien der 1980er Jahre.

Die Bewohner legten daraufhin zusammen mit ihrem „schwergeprüften Pfarrer“ das Gelübde ab, auf ewige Zeiten jährlich am Rochustage, dem 16. August, aus Dankbarkeit und in Gedenken an die Opfer der Pestseuche nach Hausen zu pilgern, ebenso soll ein Samstags-Rosenkranz stattfinden. Nur zur Zeit der Säkularisation, zwischen 1803 und 1830, ist diese Tradition unterbrochen worden. Zu Beginn der 1970er Jahre ist die Wallfahrt, aufgrund einer Krankheit des damaligen Pfarrers Josef Scheuerer, mit dem Bus ausgetragen worden. Innerhalb der letzten 23 Jahre haben zwischen 112 Personen im Jahre 2000 und 35 Personen dieses Jahr am traditionsreichen Bittgang teilgenommen. „Ein Gelübde machen ist einfacher, als es dann einzuhalten“, so Pfarrer Laubmeier im Sommer 1956.

   

   


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Text und Fotos: Lisa Lugauer / Laber-Zeitung

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