Patron der Gschlamperten

Der Mann, der Verlorenes wiederfindet
   

Am 13. Juni wird der Namenstag des heiligen Antonius von Padua gefeiert. Seine Biografie ist eine Geschichte vom Suchen und Finden. In Schierling ist ihm seit dem Jahr 2000 wieder eine eigene Kapelle gewidmet.

Am 13. Juni können alle Namenstag feiern, die Anton, Antonia, Done oder Toni heißen. Ihr Namensgeber ist Antonius von Padua, ein portugiesischer Priester des Franziskanerordens, der im Mittelalter ein begnadeter Prediger und Rhetoriker gewesen ist und schon ein Jahr nach seinem Tod heiliggesprochen wurde. Er wurde schnell vom Volk verehrt und zum bekanntesten und beliebtesten Heiligen weltweit. Die Antonius-Basilika in Padua ist eine der meistbesuchten Wallfahrtsstätten. Antonius gilt als der Patron der Gschlamperten, weil er sein Leben lang auf der Suche war.

   

Der heilige Antonius von Padua mit seinen Attributen, dem Jesuskind, das auf eine Vision des Heiligen zurückgeht, und der weißen Lilie als Sinnbild der Jungfräulichkeit.
(Foto: wikipedia.org)

   

Wahrscheinlich musste das Stoßgebet zum Heiligen Antonius früher öfter herhalten als heute, wenn ein Gegenstand, vom Autoschlüssel bis zum Personalausweis, partout nicht zu finden war. Die Suche nach dem Verlorenen ist aber in Wahrheit eher untergeordnet im Vergleich zu den vielen existentiellen Suchen, die Menschen im Laufe ihres Lebens mitmachen. Die Suche nach dem richtigen Beruf, dem perfekten Partner oder der vollkommenen Partnerin, nach dem Sinn des Lebens, auch die Suche nach Gott. Das alles bewegt wohl die Menschheit, seitdem es sie gibt. Oft bleiben dafür eindeutige Antworten aus, weshalb es gilt, dran zu bleiben, auszuhalten und die Geduld nicht zu verlieren. Mit dieser Suche ist die Sehnsucht nach dem Finden verbunden. Man möchte wissen, woran man ist, man möchte etwas schwarz auf weiß haben, man erwartet Klarheit. Antonius wurde wahrscheinlich nur 37 Jahre alt, doch sein Leben ist geradezu ein Beispiel für dieses Suchen und Finden. Darüber hat Bruder Andreas Murk von den Franziskaner-Minoriten in der Zeitschrift „Sendbote des heiligen Antonius“ ausführlich und aufschlussreich geschrieben.

Das Leben von Antonius von Padua ist facettenreich. Er wurde 1195 in Lissabon als „Fernando“ geboren und gehörte zum portugiesischen Adel. Es darf angenommen werden, dass er deshalb aus „ordentlichen Verhältnissen“ stammte, und er konnte sich damit ausrechnen, es im Leben „zu etwas zu bringen“. Die Kindheit und Teenagerzeit verbrachte er wie alle anderen jungen Leute auch, ist in der „Assidua“ aus dem Jahr 1232 zu lesen. Die „Assidua“ gilt noch heute als wichtigster Text über das Leben des Antonius.

Der junge Bursche suchte seinen Weg und musste erkennen, dass Suchen immer auch mit Entscheidungen verbunden ist. Er versagte sich der „mit der Pubertät zunehmenden Versuchungen des Fleisches“ und trat mit 15 Jahren in den Orden der Augustinerchorherren ein, um sich in den Dienst der heiligen Sache zu stellen, so ist in der vor knapp 800 Jahren entstandenen Biografie zu lesen. Doch bald musste Antonius lernen, dass sein eigenes Suchen immer wieder von Interessen der anderen durchkreuzt wurde. Seine Familie ließ den jungen Fernando nicht in Frieden, tauchte überraschend im Kloster auf und wollte ihn von seinem Vorhaben abbringen. Er aber blieb standhaft und ließ sich in das 200 Kilometer entfernte Kloster Santa Croce versetzen, studierte dort die Heilige Schrift und reifte zu einem gebildeten jungen Ordensmann heran. Dabei wurde Antonius klar: „Was ich einmal erlernt habe, bleibt mir wie ein kostbarer Schatz erhalten.“

Als am 16. Januar 1220 in Marokko seine Ordensbrüder Berardo, Pietro, Accursio, Adiuto und Ottone ermordet wurden, beschloss er, nach Marokko zu gehen, um dort wie die franziskanischen Märtyrer zu predigen und für seinen Glauben zu sterben. Damit war die nächste Erkenntnis verbunden, dass nämlich jedes Suchen auch ein Risiko in sich birgt. Eines das man eingehen muss, um ans nächste Ziel zu kommen. Der Versuch in Marokko scheiterte aufgrund einer hartnäckigen Erkrankung. Die Rückreise geriet zu einer Irrfahrt, denn anstatt im angepeilten heimischen Portugal zu landen, strandete Antonius nach heftigen Stürmen in Sizilien. Dort wurde er von den Brüdern aufgenommen und von diesen im Jahr 1221 zum Generalkapitel der Franziskaner nach Assisi mitgenommen. „Sein Suchen führt ihn immer wieder dorthin, wo er gar nicht selbst bewusst und aktiv gesucht hat“, macht dazu Bruder Murk bewusst. Antonius zog sich dann in die Einsiedelei von Montepaolo zurück, denn jedes suchende Leben braucht auch Phasen der Stille, also Zeiten, um das Erlebte verarbeiten zu können.

   

Die Antonius-Figur stammt aus der alten Kapelle des Buchner-Bauern, die in den 1960er Jahren der Flurbereinigung zum Opfer gefallen war. Sie zeigt Antonius mit dem Kind und der Lilie.

   

Das Talent von Antonius für die eindrucksvolle Predigt wurde entdeckt, als ein Prediger für eine Priesterweihe gesucht wurde. Von da an widmete er sich bis zu seinem Lebensende der Predigt und seine pastoralen Reisen führten ihn bis nach Südfrankreich. Schließlich übernahm er die Verantwortung eines Oberen, kehrte nach Padua zurück, wo er sich mit seiner berühmten Predigtreihe während der Fastenzeit 1231 schier unsterblich machte. Zur Erholung von den Strapazen zog er sich in ein kleines Baumhaus zurück, das ihm dank eines großzügigen Grafen in der Nähe von Padua errichtet wurde. Doch er war zu schwach und starb dort am 13. Juni 1231.

Bruder Andreas Murk schließt seine Überlegungen zum „Patron der Gschlamperten“ so: „Wer 800 Jahre später auf das Suchen dieses Heiligen schaut, der darf aber nicht nur auf seine Fürsprache vertrauen, sondern sich gewiss auch für sein eigenes Leben und Suchen zusagen lassen: Den richtigen Platz im Leben findet man selten auf Anhieb. Die Suche ist verbunden mit Ausprobieren, mit Risiko, mit Irrwegen und bisweilen auch mit Scheitern. Es gilt, durchzuhalten und nicht aufzugeben – und da zu sein, wenn das Leben einen schließlich findet. Die Kunst dürfte sein: Nicht nur selber Gott zu suchen, sondern sich von ihm auch finden lassen.“

   

Der ehemalige Schierlinger Gemeindediener Josef Westermaier war Hobbyfotograf und hat das Foto der alten Antoniuskapelle inmitten von Getreide-„Mandln“ der Nachwelt hinterlassen.

   

Antonius-Verehrung in Schierling
Hans Straßer verweist in seiner Chronik aus dem Jahre 2003 auf eine ausführliche Darstellung der gesamten Pfarrei in der Beschreibung des Bistums Regensburg aus dem Jahre 1723/24. Diese beruht auf den Angaben des damaligen Pfarrers Ignaz Loibl. Um diese Zeit gab es in der Pfarrkirche fünf Altäre, darunter auch einen zu Ehren des „St. Antonius von Padua“. Gleichzeitig wird auf drei Kapellen verwiesen, und zwar auf eine St. Josephskapelle, die Einsiedlerkapelle St. Johann und eine Kapelle des heiligen Antonius von Padua. Diese Kapelle stand im „Mitterfeld“ im Norden von Schierling, ursprünglich in der freien Flur. Auf einem Foto des ehemaligen Gemeindedieners Josef Westermaier ist sie noch zu sehen. Diese, in der Chronik auch als Pestkapelle benannte Gebetsstätte, wurde Anfang der 1960er Jahre im Zuge der Flurbereinigung entfernt.

   

In Schierling wurde im Jahre 2000 die neue Antoniuskapelle mitten im Wohngebiet „Antonileit'n“ eingeweiht.

   

Etwa auf diesem Gelände entstand Ende der 1990er Jahre ein Wohnbaugebiet mit etwa 180 Parzellen, das den Namen „Antonileit'n“ trägt. Um die Vergangenheit nicht endgültig zu zerstören, beschloss der Marktgemeinderat am 25. Mai 1999 mit 13:4 Stimmen den Bau einer neuen Antoniuskapelle, mit dem das neue Wohngebiet sozusagen abgeschlossen wurde. Die Schierlinger Architektin Claudia Kerscher hatte fünf Entwürfe vorgelegt, wovon der modernste am meisten Gefallen fand. Ein glücklicher Umstand ermöglichte, dass die originale Holzfigur des heiligen Antonius aus dem früheren Gebäude auftauchte, die dessen Besitzer Ernst Buchner für die neue Kapelle kostenlos zur Verfügung stellte. Die Architektin verzichtete auf jegliches Honorar und wünschte, dass das dadurch gesparte Geld für den Kauf der künstlerischen Verglasung verwendet wurde. Am 23. September 2000 wurde die neue Kapelle gesegnet.

Der Mann, der Verlorenes wiederfindet
Das jüngste Buch über den heiligen Antonius stammt von Michael Köhlmeier und es hat den Titel „Der Mann, der Verlorenes wiederfindet“. Es handelt sich um eine Novelle, in der klar wird, dass Antonius ein Heiliger ist, und doch ein Mensch. Ein Mensch mit seiner Krankheit, seinen Erinnerungen, seiner Kindheit und seinem Tod. Der Autor lässt Antonius auf dem Sterbelager Trost in der Vision seines ihm erscheinenden Großvaters finden, der ihm die weltlichen Freuden seiner Jugendzeit noch einmal nahebringt. Darin liegt die Aktualität dieses brillanten Textes: Er setzt Antonius in seiner ganzen Menschenfreundlichkeit als Kontrapunkt gegen die Hassprediger, Demagogen und Religionskrieger der Gegenwart. Das Werk ist am 18. April 2019 erschienen bei dtv Taschenbücher und kostet 10,90 Euro.
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Symbole
Zweimal durfte ich zusammen mit dem verstorbenen Pfarrer Hans Bock in der Basilika von Padua Gottesdienst feiern. Jeweils haben mich die vielen Menschen, die ihren Glauben durch vielerlei Zeichen bezeugen und ihre Verehrung dem heiligen Antonius gegenüber in aller Öffentlichkeit bekennen, außerordentlich beeindruckt. Antonius ist im gläubigen Volk noch tief verankert. Seine bekanntesten Attribute sind das Jesuskind, das auf eine Vision des Heiligen zurückgeht, und die weiße Lilie als Sinnbild der Jungfräulichkeit.

   

Für einen der Höfe um die Antonius-Basilika im italienischen Padua hat der Bildhauer Lorenzo Quinn (der Sohn des weltberühmten Schauspielers Antony Quinn) eine Skulptur geschaffen, die den heiligen Antonius als Vermittler zwischen dem Himmel und den Menschen darstellt.

   

Der ältere Antonius
Von der Christenheit wird mit „Antonius dem Großen“ ein Heiliger verehrt, der im 3. und 4. Jahrhundert nach Christus gelebt hat. Er gilt der Schutzpatron der Bauern und ihrer Nutztiere, aber auch der Schweinehirten und Metzger. Mit den Heiligen Quirinus, Hubertus und Cornelius gehört er zu den „vier heiligen Marschällen“ Gottes. Antonius der Große (geboren angeblich 251, gestorben 356 nach Christus) war ein christlicher ägyptischer Mönch, Asket und Einsiedler. Er wird deshalb auch Antonius der Einsiedler, Antonius Eremita, Antonius Abbas und Antonius von Koma genannt. Er wird oft als „Vater der Mönche“ bezeichnet.

   

Der heilige Antonius der Große, auch „Vater der Mönche“ genannt.
(Foto: wikipedia.org)

   


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Text und Fotos: Fritz Wallner

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