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Wallfahrtskerze,
gespendet vom
Markt Schierling
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Am 7. August des Jahres 1627 brach über
Schierling – wie über viele andere Orte auch – eine verheerende Pestseuche
herein. Sie kostete vielen Menschen das Leben. In ihrer Not wandte sich die
Bevölkerung von Schierling an die Pestheiligen Sebastian und Rochus und
versprach für ewige Zeiten, alljährlich einen Bittgang in das rund zwölf
Kilometer entfernte Hausen zu halten.
Der Pest war eine Zeit der allgemeinen
Teuerung und Preissteigerung im Lande vorausgegangen, die durch den
Dreißigjährigen Krieg verursacht worden war. Der Spätfrost hatte im Jahre 1626
den Roggen vernichtet, Getreide aus Österreich und Böhmen musste eingeführt
werden. Der Weizenpreis stieg pro „Landshuter Schaff“ – ein Maß für 600 Liter –
sprunghaft von 16 auf 50 Gulden an. Dann kam die Pest. In Schierling hielt sie
am 7. August 1627 ihren Einzug und wütete 19 Wochen.
In der Chronik ist die Eigenart der Krankheit
so beschrieben: „Es kam also, dass der Mensch eine Drüse gewann, daran starb er
am dritten Tage.“ Jeder Verkehr wurde in Schierling sofort verboten und
insgesamt eine „Bannisation“ ausgesprochen. In der Regel folgte eine 40-tägige
Beobachtungszeit. Purer Leichtsinn mag es gewesen sein, wenn Leute aus der
Nachbarschaft trotzdem nach Schierling zur Mühle kamen. Und zudem mussten sie
auch noch Strafe bezahlen.
Unsagbar muss das Leid gewesen sein, das über
Schierling hereingebrochen war. Noch heute erinnert am Kirchenaufgang eine
eingemauerte Pestsäule mit der Inschrift: „Die Martersäule hat machen lassen,
Brottmaier, Wirt und Gastgeber zu Schierling“ an diese schlimme Zeit. Die
Kranken nahmen Zuflucht bei den Pestheiligen Sebastian und Rochus, sie suchten
Trost in frommen Gelübden und Versprechungen und sie trugen auf der Brust
Pestamulette, nachdem die „Beulenschneider“ keine Hilfe brachten.
Die Schierlinger gelobten „mit ihrem
schwergeprüften Pfarrer“, wie es in der Chronik heißt, für ewige Zeiten einen
Bittag nach Hausen am Rochustage und außerdem für dauernde Zeiten einen
Samstags-Rosenkranz. Zu allen Zeiten erinnerte man sich in Schierling an dieses
Bittgang-Versprechen und hielt es auch, wenngleich nicht immer als reine
Fußwallfahrt. Anfang der 1970er Jahre, als der damalige Pfarrer Josef Scheuerer
schon krank war, wurde ausschließlich mit dem Bus gefahren. Dann führte der
Pfarrgemeinderat die Fußwallfahrt wieder ein.
Es stellte sich aber heraus, dass zwar bis zu
einhundert Frauen und Männer um fünf Uhr früh in Richtung Hausen
losmarschierten, den 12 Kilometer langen Rückweg aber nur noch knapp 30 wagten.
So entschloss man sich, generell zu gehen und den Rückweg mit dem Omnibus
zurückzulegen.
In jedem Jahr spendet der Markt Schierling
nach altem Brauch eine große Kerze als Zeichen der Dankbarkeit. Im Jahre 1709 –
so fand der ehemalige Rektor Georg Rötzer bei seinen heimatkundlichen
Forschungen in der Mitte der 1980er Jahre heraus – mussten für die neue Kerze 7 ½ Pfund
Bienenwachs gekauft werden, was fünf Gulden und 15 Kreuzer kostete. Dieser Betrag
wurde von der Bevölkerung als „Opfer eingehoben“. Vier Gulden und 5 Kreuzer
waren auszugeben für den Schulmeister, den Kaplan, die Sängerknaben, den Fahnen-
und den Kreuzträger, die Sängerinnen und den Mesner von Hausen. Das aber hatte
die Gemeindekasse zu berappen.
Die Kerze war tatsächlich etwa 25 Pfund
schwer. Ein besonderes Amt hatte der „Kerzen-Aufzünder“, denn er bekam im Jahre
1843 für diese ehrenvolle Aufgabe 12 Kreuzer, was immerhin einem Viertel des
Handwerkertageslohnes entsprach. Im Jahre 1903 stiftete die Gemeinde Schierling
eine Votivtafel, die noch immer in der Kirche von Hausen aufgehängt ist und
neben der auch die noch nicht abgebrannten Kerzen der letzten Jahre stehen. „Ein
Gelübde machen ist leichter, als es dann einzuhalten“, schreibt Pfarrer
Laubmeier in einer Notiz vom 1. August 1956.